Montag, 2. Mai 2016

Warenwirtschaft: Inventur - notwendig aber gar nicht übel

Skandibok, ein Projekt, in das ich semi-beruflich involviert bin, bewegt sich mit skandinavischer Literatur und Filmen in einer sehr "übersichtlichen" Nische am Bücher- und Medienmarkt. Und trotzdem ist man bald mit der Notwendigkeit konfrontiert, den wachsenden Warenbestand stückgenau zu erfassen. Ein paar Tipps für kleine Händler/innen:
 

Seit einigen Jahren bereits vertreiben wir hauptsächlich online skandinavische Bücher, Kinderbücher, Sachbücher (beispielsweise zum Thema Kochen oder Stricken) und Sprach-Lernhilfen vor allem in den Originalsprachen wie Schwedisch, Dänisch und Norwegisch. Alleine die Diversität an Literatur-Genres und Sprachen sowie ein um Accessoires und DVDs erweitertes Angebot bringen es mit sich, dass der Artikelbestand, der wenigstens zeitweise auf Lager liegt, rasch anwächst: Von über 700 unterschiedlichen Artikeln lagen zuletzt insgesamt mehr als 920 Stück in den Regalen – das meiste davon Bücher. 

Die Notlösung

Aus der Not heraus, den Lagerbestand im Online-Shop und für Anfragen aktuell zu halten, bedienten wir uns zuerst der Kombination aus Smartphone-Kamera und Smartphone-App (wie Quick Inventory), um ISBNs und EANs Buch für Buch, DVD für DVD zu scannen. Nicht zuletzt wegen der trägen Handy-Cam ein echtes handicap.

Weil viele kleine Unternehmer/innen, die mit vielen verschiedenen Artikeln handeln, ein sehr ähnliches Problem haben dürften, möchte ich meine Erfahrung mit einer deutlich beschleunigten Inventur-Praxis teilen: 


"Fairly good working"-Practice

Im Grunde sind die Voraussetzungen für unsere verbesserte Inventur-Methode dieselben wie für die Inventur mit Handy-Cam und App. Was man benötigt, sind:

  • ein einigermaßen aktuelles Smartphone mit Android oder iOS (oder Windows)
  • darauf eine Tabellen-App wie Google Tabellen (für Android)
  • am Computer beispielsweise die OpenSource-Office-Suite LibreOffice
  • und idealerweise eine bestehende Artikelliste mit ISBN / EAN und Artikelnamen, die etwa im Zuge der Artikelbestellung und Preiskalkulation angelegt wurde.

Weil das Scannen mit der Kamera des Smartphones der große "Ausbremser" ist, haben wir uns nach einem preiswerten Laser-Scanner umgesehen – und sind fündig geworden:

http://www.taotronics.com/tt-bs016-bluetoot-barcodescanner.html

Mit dieser Hard- und Software ausgestattet, ist es ein Leichtes, Hunderte Artikel innerhalb kürzester Zeit mit minimaler Fehlerquote und geringem Nacharbeitungsbedarf zu erfassen:

1) Scanner und Smartphone (in meinem Fall ein Huawei P7) per Bluetooth verbinden. Den Scanner (üblicherweise per mitgelieferten Konfigurationscodes) so einrichten, dass nach jedem Scan ein "Line Break"- / Zeilenumbruch-Kommando gesendet wird. Idles / Sleep-time / Ruhemoduszeiten ausreichend lange wählen, um zügig und ohne Unterbrechung scannen zu können und sodass sich der Scanner nicht ausschaltet, auch wenn man ihn einmal kurz weglegt.

2) Die Tabellen-App der Wahl öffnen und gegebenenfalls ein (neues) Tabellenblatt für ein bestimmtes Genre / eine bestimmte Artikelart anlegen. Im Grunde genügt es aber, alle Codes in EINE Tabelle zu scannen und die Zuordnung später am Computer vorzunehmen.




3) Nun kann man mit dem Laser-Scanner und der Tabellen-App am Smartphone Artikel für Artikel zeilenweise in die Tabelle laden. Dabei empfiehlt es sich, das Smartphone im Blickfeld zu positionieren (zB. mittels Fitness-Armband), um die gescannten Codes gelegentlich auf "Plausibilität" oder offensichtliche Fehler zu überprüfen. Erfahrungsgemäß lassen sich ISBNs und EANs mit einem "richtigen" Barcode-Scanner aber um Welten schneller als mit der Handy-Kamera und so gut wie fehlerlos erfassen.

Das Resultat ist eine Tabelle mit einer ISBN / EAN je Zeile, wobei je nach Menge pro Artikel die Codes natürlich mehrfach erfasst worden sein können (Duplikate).

4) Die vollständige Tabellendatei lässt sich im Excel-Format (oder die Tabellenblätter einzeln als CSV-Dateien) exportieren bzw. per E-Mail an die eigene Adresse senden, um sie am Computer wie folgt nachzubearbeiten:


Nachbearbeitung mit LibreOffice
 
5) Im ersten Schritt öffne ich die Code-Liste und erstelle in einer neuen Spalte eine ISBN-Liste ohne Duplikate (Daten -> Standard-Filter mit den Angaben "nicht leer" und "keine Duplikate"), die ich beispielsweise in eine neue Spalte "unique" neben die Spalte aller gescannten ISBNs kopiere. Die Zeilen der unique-Spalte sind eine wichtige Vorlage zum Zählen von Häufigkeiten (Stückzahl pro Artikel).



6) In einer dritten Spalte ("Anzahl") zähle ich die Häufigkeit der ISBNs mit dem Befehl ZÄHLENWENN() [Englisch: COUNTIFS()]. Die beiden rechten Spalten "unique" und "Anzahl" listen mir danach die EANs aller gescannten Artikel und die auf Lager befindliche Stückzahl.

7) Ich öffne meine bestehende Artikelliste (mit ISBNs und Artikelnamen) und erstelle ein neues Tabellenblatt (zB. "Inventur"), um in dieses die Inhalte der beiden Spalten "unique" und "Anzahl" zu kopieren (Tipp: "Inhalt einfügen…" ohne Rechenoperationen). Dieses Tabellenblatt ist die Grundlage zur Aktualisierung der eigentlichen (bestehenden) Artikelliste:

8) In der bestehenden Artikelliste erstelle ich eine (zusätzliche) Spalte mit dem Ergebnis der Inventur, die nach den folgenden Schritten die jeweils aktuellen Stückzahlen beinhalten wird. Um die Stückzahlen aus dem Tabellenblatt "Inventur" zu lesen und in der richtigen Artikel-Zeile einzusetzen, verwende ich den LibreOffice-Befehl SVERWEIS(), über den ich ein Suchkriterium (Artikelliste.ISBN), eine Such-Matrix (Inventur.Spalte_unique_ersteZeile bis Inventur.Spalte_Anzahl_letzteZeile) und den Index (mit dem zurückzugebenden Wert) definiere (2 für die zweite Spalte in der Matrix, also "Anzahl").
Weil man's gern vergisst: Nur mit dem Dollarzeichen ($) vor Referenz-Angaben bleiben die Referenzbereiche absolut gleich, wenn ein Formelfeld über die weiteren Tabellenzeilen "verlängert" wird.

Fertig!


Das Ergebnis ist eine Artikelliste (die bereits vor der Inventur bestand) mit der in der Inventur erfassten Stückzahl je Artikel in einer neuen Spalte (zB. "Inventur").

Ein hilfreicher Trick, um aus einzelnen Spalten die Formel-Ergebnisse – und NICHT die Formeln selbst – zu kopieren, besteht darin, die gesamte Spalte per Spaltenauswahl zu kopieren und sogleich wieder über den Befehl "Bearbeiten" -> "Inhalte einfügen…" (mit der Option "Rechenoperationen: keine") einzusetzen. So lassen sich dynamisch ermittelte / errechnete Werte "fixieren".

Weil es vorkommen kann, dass gescannte Artikel noch nicht in der bestehenden Artikelliste eingetragen sind, empfiehlt es sich, den "SVERWEIS" auch umgekehrt im Tabellenblatt der Inventurdaten anzuwenden und in der Artikelliste nicht gefundene Artikel(namen bzw. in der Inventur-Liste ihre ISBNs / EANs) mittels WENN() zu ermitteln (und eventuell farbig zu markieren). Diese lassen sich dann wiederum sortieren und/oder filtern und in der Artikelliste rasch ergänzen.


Eine Inventur ist meistens mühsam – aber wenigstens hin und wieder notwendig, um den Lagerbestand genau zu kennen und Kundenenttäuschungen durch Lieferverzögerungen zu vermeiden. Strichcodes sei Dank, ist es aber kein Übel, Hunderte Artikel zu zählen, und mit dem richtigen Scanner und ein paar Tricks macht es sogar etwas Spaß.

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Utopische Vorstellung

So nah, und doch so fern: über ein Ungeheuer namens "Politik" und wie ich es mir gerne vorstelle.

Ich bin insofern kein sehr politischer Mensch, als mir Partei- und Regierungsprogramme inhaltlich nur oberflächlich bekannt sind und mir ideologischer Fanatismus ziemlich fremd ist. Die wirtschaftliche Kompetenz "meines" Landes liegt mir ebenso am Herzen wie Wissenschaft und Forschung, ernsthafter Umweltschutz oder ein Sozialstaat, in dem kein Mensch verhungern oder erfrieren muss.

Von "meiner" politischen Führung würde ich mir daher wünschen, sie würde nach Kräften ideologiebefreit und bemüht überparteilich agieren, nämlich im Sinn dauerhafter Problemlösungen, auf die sich auch nachfolgende Generationen berufen können, so wie man sich heute mit der Einführung der Schulpflicht rühmt. In vorweihnachtlicher Euphorie – und punschgetränkter Atmosphäre – träume ich von einer Volksvertretung mit europäischem Weitblick, die im Stande ist, nicht nur nationale, sondern erst recht parteipolitische Grenzen zu überwinden. Ich wünsche mir die utopische Symbiose von Menschlichkeit und Vernunft, von regionalem und globalem Denken – jedenfalls über die eigene Amtszeit jeweiliger Entscheidungsträger hinaus.

Nie und nimmer…

In den engen Grenzen unseres (politischen) Systems aber qualifiziert die Partei-Karriere mehr als Fachkompetenz, motiviert persönlicher Profilierungswahn eher als ein Regierungsauftrag und wirkt innerparteilicher (sozialer) Druck stärker als der immer wieder zitierte Bürgerwille. Dieser wird vorwiegend zur Hetzjagd gegen erklärte Gegner oder vermeintliche "Bedrohungen von Außen" instrumentalisiert. Wirklich verstanden wird er nicht.


… wird's passieren

Dennoch bleibt es utopisch anzunehmen, eine breite Öffentlichkeit würde aufstehen und protestieren, auch wenn es nicht unmittelbar um die eigenen Lohnanpassungen oder Privilegienkürzungen geht. Sei es die ideologisch geprägte Sozialisation der Bürger oder ausgeklügeltes Poltimarketing, auf Protest gegen den verantwortungslosen Umgang mit dem Human-, Sozial- und Finanzkapital dieses Landes wird man auch diesmal vergeblich warten.

Dennoch bleibt die Hoffnung auf besinnliche Weihnachtsfeiertage und einen guten Rutsch durch die kommende Legislaturperiode.

Dienstag, 29. Januar 2013

Wer braucht (Qualitäts-) Journalismus?

Das Internet habe eine Gesellschaft herangezogen, die es gewohnt sei, Inhalte gratis zu bekommen, konstatiert der Medienwissenschaftler Matthias Karmasin im "Kulturmontag" des ORF.


Die Folge: In Redaktionen, die Medieninhalte gewinnorientiert herstellen und verbreiten, wird das Personal auf immer weniger Journalisten und Redakteure geschrumpft, die immer mehr Aufgaben alleine übernehmen sollen. Vom "Zeitungssterben" ist in diesem Zusammenhang seit Jahren die Rede - und vom Ende des Qualitätsjournalismus, dem im Gegensatz zur überwiegend werbefinanzierten Boulevardpresse der Markt abhandenkommt.

Aber: Wer braucht eigentlich Qualitätsjournalismus?

Wirtschafts- und Industriekonzerne? Politische Parteien? Regierungen und ihre jeweilige Opposition? Kommunikationsunternehmen und -dienstleister? Wer braucht verlässliche Information und sorgfältig recherchierte Hintergrundberichte wirklich? Organisationen, die vorwiegend eigene Interessen vertreten, brauchen dazu weder Meinungsvielfalt noch kritische Erörterungen.

Arbeiter/-innen und Angestellte fern der Möglichkeit zur beruflichen Selbstverwirklichung, brauchen prekär Beschäftigte qualitativen Journalismus? Alleinverdiener und Berufsumsteiger, die zwischen den Aufgaben in der Arbeit und zu Hause keine Lust auf Negativmeldungen über Konjunkturprognosen haben, stattdessen ihren Heimweg mit ein wenig Zerstreuung aufpeppen?

Purer Luxus?

Qualitätsjournalismus muss man sich leisten können. Nicht finanziell, denn für Smartphones samt passender Tarife wird gerne mehr ausgegeben, als ein Zeitungsabo kostet. Aber qualitativ beständige Inhalte zu konsumieren, ist meist wenig unterhaltsam, erfordert kognitive Anstrengung beim Verstehen von Sachverhalten, die den eigenen Alltag und das eigene Wohlbefinden - nicht spürbar - nur indirekt beeinflussen und kann mitunter sogar unangenehm sein, wenn Wirklichkeiten völlig ungeschönt dargstellt werden.

Gönnen sich diesen Luxus am Ende nur jene, die ihn alltäglich brauchen: ein paar Entscheidungsträger, die objektiv informiert sein müssen? Masochisten und leidenschaftliche Melancholiker für ihre Dosis Weltschmerz? Und Idealisten, die felsenfest daran glauben, durch Aufgeklärtsein und Aufklärung irgendetwas verändern zu können?

Das Luxus-Segment der Entscheidungsträger und anderer Informationsfetischisten ist speziell in Österreich klein, um dem Produkt "Qualitätsjournalismus" genügend Absatz für eine rentable Produktion zu sichern. Wenn also Anneliese Rohrer in ihrer Diskussion mit Fritz Hausjell über den "Druck auf Drucksorten" die Forderung nach reformierter (Presse-) Subventionierung durch die "öffentliche Hand" als falsch belächelt, übersieht sie: In Österreich gibt es neben der Zielgruppe "kaufkräftige Entscheider" nur eine, die objektive recherchierte Inhalte zu vielfältigen Themen tatsächlich braucht: die Demokratie.