Samstag, 4. Oktober 2008

Web 2.0 Professional

Bisher galt das "Mitmachweb" vor allem für Amateure und ambitionierte Schreiber, Filmer, Fotografen oder exhibitionistisch veranlagte Jugendliche auf der Suche nach Anschluss als schier unerschöpfliche Spielwiese.

Nun machen die "Professionals" ernst - und zwar nicht nur auf Social-Networking-Plattformen wie Xing. Wie die Futurezone berichtet, schlossen sich namhafte Musiker und Bands (David Gilmour, Iron Maiden, Radiohead, Robbie Williams, Travis und andere) zusammen, um die Featured Artists Coalition zu günden - eine gemeinsame Künstlerplattform zur Wiedererlangung von Kontrolle und Urheberrechten:

"We believe that all music artistes should control their destiny because ultimately it is their art and endeavours that create the pleasure and emotion enjoyed by so many."
[Quelle: http://www.featuredartistscoalition.com/our_charter.html]

Mehr Informationen über - und Einfluss auf - die Verwertung ihrer Werke sowie einen größeren Anteil an den enormen Einnahmen, die mit ihrer Musik erzielt werden, sind die Ziele dieser "Musiker-Gewerkschaft".

Es war nur eine Frage der Zeit, bis jene, die der Musikindustrie glaubwürdig mit der unabhängigen Vermarktung ihres geistigen Eigentums drohen könnten, einen Schritt in diese Richtung setzen. Digitale Medien, eine wachsende Web-Community, größer werdende Bandbreiten bei gleichzeitig sinkenden Zugangskosten begünstigen diese Entwicklung seit langem.

Wenn Hobby-Musiker auf MySpace, Facebook, YouTube & Co. treue Fans gewinnen, warum sollte es nicht erst recht den schillernden Marken wie "Bryan Ferry" möglich sein, ihre Fangemeinde (Community) online zu versorgen? Radiohead, Saul Williams und Nine Inch Nails haben bereits überaus erfolgreich mit unabhängigen Vertriebsmöglichkeiten, die das Web bietet, experimentiert (http://futurezone.orf.at/it/stories/231394/). In Kombination mit der sozialen Komponente des Web 2.0 sind diese Möglichkeiten mit einer bloßen Band-Website bei weitem nicht ausgeschöpft.

So speziell also die haptische Erfahrung sein mag, das aufwendig gestaltete Case einer Musik-CD in Händen zu halten, zu öffnen, das Hochglanz-Booklet durchzublättern, so sehr wird sie in einem von MP3-Playern dominierten Markt an den Rand gedrängt.

Für mich ist es fast verwunderlich, dass die Großen der Branche sich noch von Musikverlagen abzocken lassen, was ich in erster Linie auf Tradition und Bequemlichkeit zurückführe. Denn mit den Mitteln, die im Web zur Verfügung stehen, und mit dem Know-How der Community ist es nur ein kleiner weiterer Schritt zum Musiker als selbstverantworlichen Unternehmer (im kollegialen Netzwerk), der seinen Preis selbst bestimmt und verdient, was ihm zusteht. Letztendlich würden wahrscheinlich auch wir Musik-Konsumenten davon profitieren, dass die Preise durch das Wegfallen teurer Vertriebswege (CD-Produktion, Distribution und Vermarktung) sinken.

Eine neue Systemstruktur des Music Business 2.0 könnte außerdem neuartige Feedback-Schleifen etablieren und die Interaktion zwischen Künstler und Konsumenten fördern, weit über Download-Zahlen und Zugriffsstatistiken hinaus. Deshalb, finde ich, sollte man diese Entwicklung fördern und dadurch dem musikalischen Raubbau durch multinationale Vermarktungskonzerne Einhalt gebieten.

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