Sonntag, 9. November 2008

Herbstzeit ist Bastelzeit

Der Herbst ist traditionell die Zeit häuslicher Indoor-Aktivitäten. Umso mehr, je näher Weihnachten rückt und es sich anbietet, das eine oder andere Präsent zu basteln.

Wer selbstbemalte Kaffeetassen, eigenhändig getöpferte Aschenbecher, vermeintlich altmodische Fotoalben oder exklusiv entworfene Gutscheine für private Dienstleistungen jeglicher Art mit der Zeit langweilig findet, der könnte doch mal soetwas wie "Klangstufen", ein Telefon für Zimmerpflanzen oder ein elektronisches Schlagzeug basteln.

[http://www.adafruit.com/]

OpenSource - und einigen findigen Entwicklern - sei Dank gibt es für diese (und viel mehr) Zwecke "offene" Hardware. Und wer in der Web-Community der Do-It-Yourself-Experten (DIY) noch keinen fertigen Bauplan findet, kann mit Arduino einfach selbst ein paar Hardware-Controller entwerfen.

In der letzten Ausgabe von WIRED bin ich über einen interessanten Artikel gestolpert, der erst nach und nach meine Aufmerksamkeit und mein Interesse geweckt hat. Darin ist von einer "OpenSource Hardware"-Bewegung die Rede, was für sich genommen ziemlich "freaky" klingt. Tatsächlich ist das Konzept dahinter so einfach wie genial, wie WIRED-Chefredakteur und Autor von "The Long Tail" Chris Anderson mit selbst gebauten Autopiloten für unbemannte Fluggeräte beweist:

Kostenlose Software herunterladen, fertige Baupläne für Platinen kopieren und nach Laune und Bedarf modifizieren, anschließend die bisweilen noch virtuelle Hardware in China für rund 10 Dollar bauen lassen oder lediglich die elektronischen Bausteine beziehen - fertig ist die eigene Platine für ganz spezielle Anforderungen. Die erfolgreichen Konstruktionen zum Ansteuern unterschiedlichster Hardware (Sensoren, Servos, ...was immer man braucht, um ein spezifisches Problem zu lösen - oder auch nur, um ein Modellflugzeug autonom durch die Luft navigieren zu lassen) können unter der Creative Commons-Lizenz anderen Usern zur Verfügung gestellt oder kommerziell von spezialisierten Dienstleistern wie Adafruit vertrieben werden.

Letztendlich steckt mehr hinter Arduino als ein riesiger Spielplatz für Bastler und Ingenieure. Was auf den ersten Blick nach einem selbstlosen Projekt idealistischer Technik-Freaks aussieht, hat durchaus auch kommerzielles Potenzial.

Auf die Marke kommt´s an. Daher ist der Markenname Arduino eingetragen und darf nur gegen eine (angeblich geringe) Lizenzgebühr für den Vertrieb besonders hochwertiger Konstruktionen verwendet werden. Mit den Qualitätsprodukten verbreitet sich die Marke und steigt ihr Wert. Davon profitieren dann vor allem die drei Mitglieder des Arduino-Teams Gianluca Martino, Massimo Banzi, und David Cuartielles, die allesamt in der Technologieentwicklung tätig waren oder weiterhin sind. Diese schöpfen wiederrum aus dem Know-How ihrer eifrigen Community, verwenden und verkaufen Entwicklungen im Rahmen ihrer eigenen Produkte. Im eigenen Haus nicht annähernd so viele Entwickler anzustellen, die nur einen Bruchteil dessen bewältigen könnten, wäre ungleich teurer.

Zudem kommt ein bekannter OpenSource-Effekt zu tragen: eine ständige Qualitätskontrolle und Weiterentwicklung bestehender Hardware-Controller. Was also aussieht wie ein teures Hobby verträumter Techniker, entpuppt sich als über Umwege überaus rentables Innovationsprojekt.

Als reiner Nutzer dieser und jener Hardware würde man sich solche "offenen" Mechanismen (letztendlich einfachster Feedback-Schleifen) öfters wünschen, um nicht mit Ausgeburten (ja, ich formuliere es bewusst so) wie den neuen MacBooks belästigt zu werden.

Apropos OpenSource: Weil pure Elektronik selten attraktiv ist, wird sie meistens in hübschen Hüllen versteckt. Vor allem dann, wenn man seinen selbst konstruierten Prototypen möglichen Geschäfts- und Vertriebspartnern vorstellen möchte. Aber auch die selbst entworfene Weihnachtselektronik will einigermaßen ansehnlich daherkommen.

[http://www.desktopfactory.com/our_product/]

Wenn´s schnell und am besten von zuhause aus gehen soll, könnte man zur Herstellung schicker Polymerhüllen zu einem "gewöhnlichen" 3D-Drucker (Prototyper) greifen. Der Desktop Factory 3D printer - kaum größer als ein Farblaserdrucker - soll knapp 5.000 US-Dollar kosten und wäre nach eigenen Angaben somit die günstigste kommerzielle Lösung am Markt.

[http://www.reprap.org]

Wenn Kostenersparnis, nicht aber Bequemlichkeit, oberste Priorität haben, empfiehlt sich der Blick auf die OpenSource-Variante eines 3D-Druckers, dem "Replicating Rapid-prototyper" oder kurz: RepRap. Das besonders Praktische - und gleichzeitig etwas Unheimliche - daran ist seine exklusive Fähigkeit, sich selbst zu reproduzieren: "So, if you have a RepRap machine, you can make another and give it to a friend...", heißt´s auf der Website. Mit etwas Glück findet man einen RepRap in der Nähe - zum Staunen oder Ausprobieren.

Angeregten Bastelstunden in der nahenden Vorweihnachtszeit steht also nichts mehr im Weg - am besten mit Freunden, denen man nebenbei einen 3D-Drucker baut.

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