Freitag, 28. Dezember 2007

Push it real good

Meine ersten Erfahrungen mit Weblogs und dem aktiven Bloggen sind also gemacht. Obwohl es nach den ersten paar Einträgen (die nur wenige Zugriffe verzeichnen - meistens von mir selbst) viel zu früh ist für ein Resümee, sind einige Gedanken dazu nicht zu unterdrücken.

Für eine (pseudowissenschaftliche) Arbeit habe ich mich im Jahr 2003 ganz am Rande mit Weblogs beschäftigt, habe einen flüchtigen - vorwiegend skeptischen - Blick auf ein vermeintliches Phänomen des neuen World Wide Web geworfen. Eher sachlich-distanziert waren mir damals vor allem harte Fakten wichtig:

Je nach Quelle und Betrachtungsweise wird der Beginn des Bloggings auf das Jahr 1993 datiert, als Marc Andreesen auf seiner persönlichen Webseite über die Entwicklung des neuesten der neuen Medien berichtete (siehe 3Sat.de). Andere sehen den Anfang eher mit der Einführung von Pyra Labs "Blogger" im Jahr 1999 - das ursprünglich zu Kollaborationszwecken entwickelt wurde.

Günter Hack hat Weblogs einst hinsichtlich ihrer journalistischen Qualität, gemessen an Kriterien wie Periodizität und Publizität, auseinander genommen, wie ich damals herausfand (http://hirnverbr.antville.org/stories/187145/ am 10.11. 2003, nicht mehr abrufbar). Er stellte fest, dass Weblogs - mit etwas Nachsicht betrachtet und eher gemessen an ihrem Einfluss statt an klassischen journalistischen Kriterien - durchaus eine neue Form vertrauenswürdiger Informations- und Nachrichtenvermittlung sein können. Wie ich erst jetzt entdeckt habe, saß jener Günter Hack das letzte Jahr hindurch rund zwei Meter neben mir im Büro...

Tatsächlich nutzen viele Medienprofis ihre Weblogs für informelle Kommentare (möglicherweise zu Themen und Ereignissen, über die sie kurz davor noch professionell recherchiert haben) - ein Phänomen, das Jochen Wegner in einem Beitrag beschreibt. Und mancher Weblogger hatte durchaus gravierenden Einfluss auf Medienprofis: Gerne erinnert man sich an die Lewinsky-Clinton-Affäre, die von Matt Drudge auf drudgereport.com ihre Publizität bekam.

So besteht also durchaus die Möglichkeit, dass aus einstigen Amateuren Medienprofis werden. Der Schreiber des Blogs Radlnews zum Beispiel war mit der Meldung zum tragischen Unfalltot eines Radprofis schneller als so manche News-Website inklusive korrekter Quellenverweise, die seine Glaubwürdigkeit belegten. Und die wachsende, kritische Community ist beinhart - sie "ratet" und "rankt" und verleiht den Autoritätsstatus an zuverlässige und gründliche Blogger. Besteht im professionellen Journalismus ein vergleichbares Kontrollsystem?

Die Frage, die ich mir damals in meiner Arbeit gestellt habe - Weblogs: Eine neue Form des Journalismus? - darf ruhig weiterhin gestellt werden. Was spricht dafür, dass private "Online-Tagebücher" den aktuellen Online-Journalismus zumindest ergänzen (wenn sie ihn schon nicht in absehbarer Zeit ablösen)?

Bloggen als Verbreitung von Nachrichten hat eine wesentliche Stärke in Echtzeitsuchmaschinen wie technorati.com. Und in seiner Verbreitung durch RSS, die es mir zB. erlaubt, individuell zusammengestellte Echtzeitkanäle in Form dynamischer Bookmarks anzulegen - ein ganz persönliches Nachrichten-Pool. Was auf einem Weblog (das ich abonniert habe) publiziert wird, erreicht mich quasi in Echtzeit, ohne, dass ich mich erst aktiv auf die Suche machen und durch sämtliche Websites browsen muss.

Ganz unscheinbar hat sich damit ein attraktives Push-Medium für die Allgemeinheit etabliert. Wurde "Push statt Pull" früher in erster Linie mit Aktienkursen von n-tv.de & Co. in Verbindung gebracht, kann heute jeder sein eigenes Angebot an den Mann und die Frau pushen. Seien es die Vereinsnachrichten einer Modellfluggemeinschaft, der neueste Tratsch im Wohnblock oder für eine breitere Öffentlichkeit relevante Nachrichten: Sie erreichen per Mausklick ihre Adressaten bzw. Abonnenten. Und sie gelangen sofort per Ping in die Datenbanken der Suchmaschinen.

Eine Verbreitung (fast) in Echtzeit und teilweise Topaktualität machen Weblogs zu einer relevanten Quelle - speziell für Insider-News und Nischen-Informationen -, um die man auch bei der seriösen Recherche künftig kaum herum kommen wird. Das macht Weblogs besonders faszinierend.

Außerdem gelernt habe ich, dass es den Zugriffszahlen gut tut, sein Weblog einem konkreten (Nischen-) Thema zu widmen und damit ein ganz bestimmtes Publikum anzusprechen (das idealerweise nach Aktuellem lechzt). Offen und ehrlich gestanden bin ich mir diesbezüglich noch etwas im Unklaren und hoffe, dass ich während der kommenden Einträge auch darüber etwas mehr Klarheit erhalte.

Bis dahin wird noch fleißig experimentiert - und abonniert (vielleicht ja auch dieses Blog)...

Keine Kommentare: